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Die Hochzeit des Figaro

Eine Produktion
des Jungen Borbecker Musiktheaters
und des Gymnasiums Borbeck

Opera buffa in vier Akten von Lorenzo da Ponte

nach der Komödie „La folle journée ou L mariage de Figaro“ von P. A. Caron de Beaumarchais

Musik von Wolfgang Amadeus Mozart

Original-Titel: Le nozze di Figaro

Überarbeitung von Björn Huestege, Arne Kovac, Christina Padberg, Oliver Schürmann, Britta Steffens und Frank Wilde

Aufführungen am 11. und 15. März 1996
in der Aula der Geschwister-Scholl-Realschule,
Essen
sowie am 16. Juni 1996
in der Casa Nova,
Essen

In der Hochzeit des Figaro dreht sich alles um das Bett. Figaro und Susanna freuen sich schon auf die Hochzeitsnacht. Der Graf will mit Susanna ins Bett. Die Gräfin träumt in ihrem Bett von alten Zeiten. Cherubino ist im Bett der Gärtnerstochter erwischt worden. Marcellina und Bartolo sind die unehelichen Eltern von Figaro.

Inhalt

1. Akt

Susanna und Figaro sind eifrig mit den Hochzeitsvorbereitungen beschäftigt. Figaro richtet schon im Geiste sein zukünftiges Heim ein. Doch damit stößt er bei seiner Zukünftigen auf herbes Missfallen, weil das ihnen zugedachte Zimmer genau neben dem des Grafen Gregor liegt und dieser die arme Susanna mit eindeutigen Briefen verfolgt.

Marcellina, bereits in gesetzterem Alter, will Figaro in die Ehefalle locken. Sie besitzt einen Vertrag, in dem ihr Figaro die Heirat versprochen hat, sollte er seine Schuld von 5.000 Mark, die er sich einst von ihr lieh, nicht zurückzahlen können. Mit dem Rechtsanwalt Bartolo berät sie, wie sie nun ihr „Recht“ einklagen kann. Dieser hilft nur zu gern, denn auch er hat noch ein Hühnchen mit Figaro zu rupfen…

Cherubino, Patenkind der Gräfin Rosina, ist hinter jedem Rock her. Das passt Graf Gregor überhaupt nicht, denn schließlich ist dies auch seine Lieblingsbeschäftigung. Um den Nebenbuhler los zu werden, will er ihn in ein Internat schicken. Dies stößt bei Cherubino nicht gerade auf Begeisterung, und so bittet er Susanna, bei der Gräfin ein gutes Wort für ihn einzulegen. In diesem Augenblick betritt Gregor höchstpersönlich den Raum. Cherubino schafft es gerade noch rechtzeitig, sich zu verstecken.

Der Graf versucht nun, Susanna zu becircen, als sich Basilio, die rechte Hand des Grafen, ankündigt. Flugs versteckt sich auch der Graf, um nicht beim Stelldichein mit Susanna erwischt zu werden. Zu allem Unglück werden sowohl der Graf als auch Cherubino entdeckt.

In diese peinliche Situation platzt Figaro. Nun hat der Graf alle Hände voll zu tun, seine Absichten Susanna gegenüber zu verbergen und Cherubino, der ungewollt Zeuge des ganzen geworden ist, los zu werden.

2. Akt

Die Gräfin ist verzweifelt. Sie hat von den Eskapaden ihres Gatten erfahren und weiß nicht, wie sie seine Liebe zurückgewinnen soll. Doch Figaro hat einen Plan: Der Graf soll einen Brief erhalten, in dem steht, dass seine Gattin eine Affäre hat. Gleichzeitig soll Susanna sich auf ein Tête à Tête mit dem Grafen einlassen. Doch statt Susanna trifft sich Cherubino, als Susanna verkleidet, mit dem Grafen. Dabei soll er in flagranti erwischt werden. Nach anfänglichen (und berechtigten) Zweifeln an der Ausführbarkeit dieses etwas obskuren Planes willigt die Gräfin schließlich ein.

Cherubino soll nun als Susanna verkleidet werden. Während dieser Vorbereitungen klopft plötzlich der Graf und verlangt Einlass. Cherubino flüchtet ins Bad. Gregor hat den erhalten und stürmt rasend vor Eifersucht in Zimmer. Durch ein Geräusch aus dem Badezimmer aufmerksam geworden will er die Tür aufbrechen, da Rosina ihm den Einlass verweigert.

In einem unbeobachteten Moment gelingt Cherubino die Flucht aus dem Fenster und Susanna verbirgt sich statt seiner im Bad. Als der Graf sie dort erwischt, ist er natürlich peinlichst berührt und bittet seine Gattin um Verzeihung. Diese ist bereit ihm zu vergeben und beichtet ihrem Mann den Plan, den sie verfolgte, um seine Treue zu testen.

Alles scheint gut zu enden, als Figaro hereinplatzt. Nichts ahnend von dem gerade Geschehenen streitet er jegliches Wissen und Mitwirken an dem Plan ab. Der Graf ist verwirrt und weiß nicht, wem er glauben soll. Zu allem Überfluss erscheint auch noch der Gärtner, der Cherubino aus dem Fenster springen gesehen hat. Figaro gibt vor, selbst aus dem Fenster gesprungen zu sein und kann durch die Mithilfe von Susanna und Rosina auch noch einige unangenehme Fragen richtig beantworten. Wiederum scheint es, als ob Unheil verhindert werden konnte.

Da taucht nun auch noch Marcellina mit Bartolo und Basilio auf, um Figaro zur Einhalten des Vertrages zu bewegen. Der Graf kann sich nichts schönere vorstellen, als Marcellina mit Figaro verheiratet zu sehen. Wäre er doch seinen Plänen mit Susanna dann nicht mehr im Weg. Es kommt zu offenen Auseinandersetzung!

3. Akt

Rosinas Pläne haben sich geändert: Susanna soll weiterhin vorgeben, sich mit Graf Gregor treffen zu wollen. Doch diesmal will sie sich als Susanna verkleiden und sich selbst mit ihrem Gatten im Garten treffen. Figaro wird in diese Pläne nicht eingeweiht, damit er sie durch seine Ungeschicklichkeit nicht wieder vermasselt. Also begibt sich Susanna zum Grafen und teilt ihm ihre Absichten mit, sich mit ihm treffen zu wollen. Das ist Musik in den Ohren des Grafen. Sofort bestimmt er Ort und zeit des Dates.

Marcellina forciert unterdessen ihre Pläne und zerrt Figaro vor den Traualtar. Im letzten Moment nimmt das Schicksal eine überraschende Wendung. Es stellt sich heraus, dass Marcellina und Bartolo die Eltern Figaros sind. Figaros Hochzeit ist gesichert, jetzt muss nur noch die Ehe der Gräfin gerettet werden.

Sicherheitshalber bestätigt Susanna das Treffen mit Gregor in einem Brief erneut. Leider fällt dieser Brief zunächst Figaro in die Hände. Da er von den Plänen Rosinas nichts weiß, zweifelt er nun an der Treue seiner Verlobten. Er beschließt, sich im Garten auf die Lauer zu legen, um das Treffen zu vereiteln.

4. Akt

Rosina betritt als Susanna verkleidet des Garten, um auf ihren Gatten zu warten, doch Cherubino stört unerwarteterweise den Plan und will mit „Susanna“ flirten. In diesem Augenblick erscheint der Graf im Garten und entdeckt die beiden. Nun will er es dem Bengel zeigen, dem aber so gerade noch die Flucht vor dem aufgebrachten Gregor gelingt. Letzterer wendet sich Rosina zu, deren Maskerade er ebenfalls nicht durchschaut, und umgarnt sie nach allen Regeln der Kunst. Figaro hält es nicht mehr in seinem Versteck. Er schreckt das Paar auf und die beiden fliehen.

Niedergeschlagen bleibt Figaro allein zurück. Ist er doch Susannas Untreue nun sicher. Er beschließt, dem Paar zu folgen und sie in flagranti zu ertappen: „Ich werde sie beobachten und dann ihr Spiel zerstör’n!“

Doch Susanna, die die ganze Szene beobachtet hat, hält ihn als Gräfin verkleidet auf. Figaro fällt zunächst auf das Verwechslungsspiel rein, doch schnell erkennt er Susanna an ihrer Stimme. Er beschließt, nun seinerseits Susanna einen Streich zu spielen:

Er macht Rosina – alias Susanna – eindeutige Anträge. Die wütende Susanna zahlt es ihm mit ihren Fäusten heim. Figaro rettet sich, indem er ihr berichtet, dass er sie längst erkannt hat. Die beiden versöhnen sich wieder, als der Graf, der noch immer nach Susanna sucht, sich nähert. Figaro und Susanna beschließen, ihm eine Lektion zu erteilen. Susanna spielt weiterhin die Gräfin, während Figaro lauthals seine Liebe schwört. Gregor beschließt, kurzen Prozess mit den Ehebrechern zu machen: „Bring das Schießgewehr, Basilio!“

Noch bevor es aber zum Schlimmsten kommen kann, eilt die Gräfin hinzu und gibt sich als Susanna zu erkennen. Der Graf sieht sich überführt. Voll Reue fleht er Rosina um Vergebung an. Diese ist überglücklich, ihren untreuen Gatten kuriert zu haben und vergibt ihm gerne. Auch dem Glück von Susanna und Figaro steht nun nichts mehr im Wege.

Britta Steffens

Fotos

Besetzung

INSZENIERUNGOliver Schürmann
ORGANISATION UND MUSIKALISCHE LEITUNGArne Kovac
  
GRAF Gregor von Greuel, Mitglied des EuropaparlamentsBjörn Huestege
ROSINA, Gräfin GreuelTanja Beyersdorf
SUSANNA, Gräfin Greuels DienstmädchenBritta Steffens
FIGARO, Graf Gregors KammerdienerFrank Wilde
CHERUBINO, Graf Gregors PatensohnGaby Selke
MARCELLINA, die HaushälterinDarena Thiesbürger
BASILIO, Graf Gregors persönlicher SekretärOliver Schürmann
BARTOLO, Rechtsanwalt der FamilieFelix Wissner
ANTONIO, der GärnterMartin Callies
Zwei REPORTERChristian Schürmann, Holger Puls
FERNSEHERFranz-Josef Gründges
  
QUERFLÖTEHeike Haschke
VIOLINEGerald Angstmann, Annika Bruns, Eva Poen
VIOLONCELLOChristiane Klapdohr
PAUKENFrank Wieschenberg
KLAVIERStephan Müller
  
BELEUCHTUNGDennis Kasten
BÜHNENBILDChristina Padberg, Aylin Paksoy
SOUFFLEUSEMichaela Leik

Der Komponist und die Autoren

Wolfgang Amadeus Mozart

Der Komponist Wolfgang Amadeus Mozart (eigentlich Joannes Chrysostomus Wolfgangus Theophilus Mozart, er nannte sich in Italien von 1770 an Wolfgango Amadeo und von etwa 1777 an Wolfgang Amadè) wurde am 27. Januar 1756 in Salzburg geboren. Er war der Sohn des Violinisten, Komponisten und Lehrers Leopold Mozart und seiner Frau Anna Pertl.

Schon beim Kleinkind stellte der ehrgeizige Vater die außergewöhnliche musikalische Begabung fest, die er zielbewusst ohne Rücksicht auf die Gesundheit des Knaben förderte. Wolfgang begann als Dreijähriger Klavier zu spielen und begab sich bereits mit sechs Jahren, gemeinsam mit seiner elfjährigen Schwester Nannerl, auf Konzertreisen.

Zunächst besuchten sie München und Wien, wo das „Wunderkind“ vor der kaiserlichen Familie auftreten durfte. Von 1763 an unternahmen Vater Leopold und Sohn Wolfgang eine dreieinhalbjährige Konzertreise durch Europa, auf der sie große Erfolge feierten. 1768 entstand Mozarts erster Opernversuch, das Singspiel „Bastien und Bastienne“. Zwischen 1769 und 1773 folgten neun weitere Reisen durch Italien, jedoch mit zunehmend weniger Erfolgen. Die Zeiten zwischen den Reisen nutzte Mozart zum Komponieren.

Nach 1773 nahm er in Salzburg die Stellen als Hoforganist und Kaiserlicher Kammerkomponist an. Nach einem Zusammentreffen mit dem Fürsterzbischof in Wien, das mit einem Eklat endete, folgte am 8. Juli 1781 Mozarts endgültige Entlassung aus dem Salzburger Dienstverhältnis. Seine letzten zehn Lebensjahre als freier Musiker in Wien wurden durch permanente wirtschaftliche Not teuer erkauft. Mozart arbeitete als Musiklehrer, veranstaltete Konzerte mit eigenen Werken, bemühte sich mehrfach erfolglos um feste Anstellungen und befand sich trotz kaiserlichen Wohlwollens ständig in finanziellen Schwierigkeiten.

Am 1. Mai 1786 dirigierte Mozart die Uraufführung seiner ersten nicht auf Bestellung komponierten Oper: „Le nozze di Figaro“ (Die Hochzeit des Figaro), die auch in Prag größten Erfolg errang. Zwei Tage zuvor, am 29. April 1786 hatte Mozart die Niederschrift vollendet! 1787 brachte er, ebenfalls in Prag, wo ihm seine Beliebtheit eine kurze glückliche Lebensperiode verschaffte, „Don Giovanni“ heraus, dem 1790 als dritte Zusammenarbeit mit dem Textdichter Lorenzo da Ponte „Così fan tutte“ folgte.

Insgesamt umfasst Mozarts kompositorisches Schaffen mehr als 600 Werke, darunter Orchester-, Klavier, Kammer-, Ballett-, Kirchenmusikwerke und natürlich Opern.

Mozarts letzte Auslandsreise führte ihn 1791 wieder nach Frankfurt am Main zur Kaiserkrönung von Leopold II. Im September 1791 fanden innerhalb weniger Wochen die Uraufführungen zweier stilistisch völlig unterschiedlicher Opern, der Seria „La clemenza di Tito“ (Titus) und der großen deutschen Oper „Die Zauberflöte“ statt. Doch die seit der Kindheit überanstrengte Gesundheit Mozarts war den Belastungen nicht mehr gewachsen.

Körperlich und psychisch schwer angeschlagen, komponierte er als letztes Werk das vom Grafen Franz von Walsegg-Stuppach anonym in Auftrag gegebene Requiem, das er nicht mehr vollendete. Am 5. Dezember 1791 starb Mozart in völliger Armut und wurde schlussendlich auf dem Wiener Friedhof Sankt Marx in einem Schachtgrab bestattet.

Lorenzo da Ponte

Lorenzo (eigentlich Emanuele Conegliano) da Ponte wurde am 10. März 1749 als Kind jüdischer Eltern in Ceneda (Venetien) geboren.

Da Ponte konvertierte, studierte unter anderem Theologie und wurde Priester. Außerdem war er Spion in venezianischen Diensten. 1779 wurde er aus Venedig, wo er mit Casanova befreundet war, wegen seines freien Lebenswandels verbannt und kam über Umwege an den Wiener Hof, wo er ab 1783 als Theaterdirektor arbeitete. Auf Empfehlung Antonio Salieris ernannte ihn Kaiser Joseph II. zum Hofdichter.

Bekannt wurde er durch seine Libretti zu Mozarts Opern „Le Nozze di Figaro“, „Don Giovanni“, und „Cosi fan tutte“. Die Aufführung der Komödie („Le mariage de Figaro ou la folle journée“ („Die Hochzeit des Figaro oder Der tolle Tag“) von Beaumarchais wurde damals von Kaiser Joseph II. untersagt. Da Ponte aber erhielt die Erlaubnis, die Komödie zum Opertext umzuarbeiten.

1792 ging da Ponte zunächst nach London und später nach New York. Hier entstanden zwischen 1823 und 1827 seine Memoiren „Geschichte meines Lebens“. Auch gründete er dort eine italienische Oper.

Ab 1825 lehrte er Sprache und Literatur am Columbia College.

Am 17. August 1838 starb Lorenzo da Ponte in New York.

Pierre Augustin Caron Beaumarchais

Pierre Augustin Caron, genannt „de Beaumarchais“, wurde am 24. Januar 1732 in Paris geboren. Wie sein Vater erlernte er den Beruf des Uhrmachers und übte diesen am Hof Ludwigs XV. aus. 1756 konnte er durch die Heirat mit der Witwe eines Hofbeamten seinem ursprünglichen Namen Caron den Zusatz „Beaumarchais“ hinzufügen. Darüber hinaus erkaufte er sich das Amt als Sekretär des Königs und war damit zur Führung eines Adelsprädikats berechtigt.

Beaumarchais war in Geheimangelegenheiten für Ludwig XV. und seinen Nachfolger Ludwig XVI. tätig. Zu seinen zahlreichen geheimen Missionen gehörte u.a. auch der Verkauf von Waffen an die amerikanischen Kolonien während des Nordamerikanischen Unabhängigkeitskrieges. Zwischen 1775 und 1789 gehörte er zu den Herausgebern der ersten Gesamtausgabe der Werke Voltaires. Beaumarchais starb am 18. Mai 1799 in Paris.

Beaumarchais‘ Ruhm als Literat gründet sich auf den beiden Komödien „Le barbier de Seville ou la precaution inutile“ (1775; „Der Barbier von Sevilla oder Die nutzlose Vorsicht“) und „Le mariage de Figaro ou la folle journée“ („Die Hochzeit des Figaro oder Der tolle Tag“) in denen er der klassischen Dienerrolle eine neue (dialogtragende) Funktion verlieh und die herrschende Klasse Frankreichs aus der Sicht des dritten Standes ironisch porträtierte und damit den sich verstärkenden Ressentiments gegen den Adel in den letzten Jahren vor der Französischen Revolution Ausdruck verlieh. Die beiden Lustspiele erzielten sehr großen Erfolg, nachdem 1784 das auf Anordnung Ludwigs XVI. ausgesprochene Verbot einer öffentlichen Aufführung von „Der Hochzeit des Figaro“ in ganz Frankreich schließlich aufgehoben worden war.

Die beiden Stücke dienten als Vorlage für die Opern „Il Barbiere di Siviglia“ (1816) von Gioacchino Rossini und „Le nozze di Figaro“ (1786) von Wolfgang Amadeus Mozart.

Dajana Finke

Aus dem Programmheft

Foyer

Liebe Theaterbesucherin, lieber Theaterbesucher,

ich freue mich, Sie zu den Gästen unserer „Figaro“-Inszenierung zählen zu dürfen. Ich bin überzeugt, dass unsere neue Produktion Ihnen 120 Minuten gute Unterhaltung bietet, unter denen nicht eine dabei ist, bei der Sie sich langweilen werden. Tatsächlich pas­siert in diesem Highlight der Operngeschichte derart viel, dass wir Mitwirkenden lange gebraucht haben, um zu verstehen, wer hier mit wem verwandt ist, wer an wen welches Schriftstück adressiert hat und wer von welchem Plan an welcher Stelle Kenntnis besitzt, wenn wir denn überhaupt das Stück in allen Feinheiten verstanden haben. Ich kann Ihnen daher nur dringend ans Herz legen, sich die Inhaltsangabe zu dieser Oper durchzulesen, möglichst vor Beginn des Stückes, ansonsten während der Pause. Auch der kurze Artikel von Björn Huestege auf Seite 12 kann Ihnen über so manches Verständnisproblem hinweghelfen.

Apropos Verständnisprobleme: Wir geben unser Bestes und bemühen uns darum, dass Sie die Schauspieler auch verstehen, während sie singen. Bitte beachten Sie jedoch, dass wir alle keine professionellen Opernsänger sind – ganz abgesehen davon, dass man auch im Opernhaus oft (meiner Ansicht nach viel zu oft) nicht verstehen kann, was gesungen wird.

Oft bin ich im Laufe der letzten Monate gefragt worden, warum ich ausgerechnet „Die Hoch­zeit des Figaro“ ausgesucht habe. Dazu ist zu sagen, dass im letzten Jahr in dem Kulturkanal ARTE erstmals eine Fernsehinszenierung dieser Oper von Nick Broadhurst ausgestrahlt wurde, in der der englische Regisseur (der auch im Essener Aalto-Theater schon zwei Opern inszeniert hat) gezeigt hat, wie spritzig man durch Kürzungen und Aktualisierungen dieses Werk aufführen kann. Insbesondere kürzte er alle Chorpassagen – ein Muss für eine Laienmu­siktheatergruppe wie uns, die froh sein kann, alle Rollen zu besetzen.

Ein weiterer Grund liegt darin, dass die Musik des „Figaros“ uns in zweierlei Hinsicht sehr ent­gegen kommt: Zum einen ist sie erstaunlich leicht singbar und erfordert (nach unseren Kür­zungen) weder einen guten Tenor, noch eine Koloratursopranistin, noch eine dramatische Sopranistin. Zum anderen bleibt in den meisten Musiknummern die Handlung nicht stehen, so dass an keiner Stelle aus dem Zuschauer ein Zuhörer wird.

Den letzten Grund, der mir einfällt, geht aus einem Zitat des bekannten Musikkritiker Joa­chim Kaiser hervor, mit dem ich gerne schließen möchte. In einer Radiosendung des WDR aus der Reihe „Die Menschen in Mozarts Meisteropern“ sagte er: „Die Hauptfiguren dieses raschen, lustigen, gefährlichen und sinnlichen Spiels sind ziemlich ausnahmslos blutjunge Leute. Eben keine fünfzigjährigen Kammersänger oder lebenserfahrenen, vollschlanken Sopra­nistinnen, sondern seelisch und physisch hinreißend junge Geschöpfe. Susanna, der Graf, Rosina, Cherubino – sie alle müssen wir uns als höchstens Mitte 20 (oder vielleicht sogar noch jünger) vorstellen. Das sind keine routinierten Don Juans, keine weisen Sarastros, keine sternflammenden, nächtlichen Königinnen.“

Gute Unterhaltung wünscht Ihnen im Namen des „Figaro“-Ensembles

Arne Kovac

Gehört ein Bett auf die Bühne?

Der wichtigste Bestandteil des Bühnenbildes bei der Borbecker „Figaro“-Inszenierung ist überraschend-banalerweise ein Bett. Ein Bett als Handlungsteil in Figaros Hochzeit? Unsin­niger moderner Quatsch?

Die Oper „Die Hochzeit des Figaro“ von Wolfgang Amadeus Mozart geht auf das Schauspiel „La folle journée ou Le mariage de Figaro“ (Der verrückte Tag oder Die Hochzeit des Figaro) von Beaumarchais zurück, den zweiten Teil seiner Figaro-Trilogie. Dieses Stück war zu Zeiten Beaumarchais‘ verpönt, er hat damit allzu sehr die Moral des damaligen Publikums untergra­ben, vor allem mit dem dritten Teil seiner Figaro-Serie.

In diesem dritten Teil „L’autre Tartuffe ou La mere coupable“ (Der zweite Tartuffe oder Die Schuld der Mutter) zeugt der Graf einen Sohn mit Susanna und die Gräfin einen Sohn mit Cherubino. Diese Kinder verlieben sich zudem noch ineinander. Eine moralisch höchst prekäre Situation. Kein Wunder, denn damals gab es noch so etwas wie Tabus, die es ja heute kaum mehr gibt. So war zum Beispiel die bloße Tatsache, dass der Graf der Braut seines Dieners nachstellt, durchaus schon empörend. Diese Situationen gehören in unserer heutigen Zeit ja fast schon zum Alltag.

Beaumarchais Schauspiel war ein ausschließlich politisch-moralisches. Mozart und sein Librettist Da Ponte haben den Hauptaugenmerk auf die Charaktere des Stücks gelegt und sie genauestens in all ihren Eigenschaften herausgearbeitet, dennoch bleibt die eigentliche Handlung weitgehend die gleiche, wenn auch die politischen und moralischen Aspekte im wesentlichen hintenanstehen.

Uns geht es nicht darum, mit dem Bett irgendwelche moralischen Botschaften an das Publi­kum zu senden. Das Bett hat bei uns sowohl rein szenische Bedeutung als auch eine symboli­sche. Es geht in dem Stück hauptsächlich um Liebe und ihre krankhaften Auswüchse. Ein Bett ist da eine naheliegende Assoziation.

Björn Huestege

Zitate aus der Probenarbeit

Arne Kovac:
„Je mehr Leute falsch singen, desto weniger fällt es auf.“

Presse

Erfolgreiche Premiere des Figaro

Junge Leute inszenieren moderne Fassung der Mozart-Oper

Pünktlich um 19 Uhr 30 hob am letzten Montag Wolfgang Amadeus Mozart – alias Arne Kovac – den Taktstock zu einer hervorragenden Operettendarbietung des Stücks „Die Hochzeit des Figaro“. Ein hal­bes Jahr lang hatte die ehemalige Schultheatergruppe die ursprüng­lich französische Oper von Pierre Augustin Caron aus dem 18. Jahr­hundert, mit deutschen Texten und Liedern versehen, einstudiert.

Ausgangspunkt der Aufführung unter Gesamtleitung von Arne Ko­vac war die Inszenierung von Nicholas Broadhurst, die allerdings nur in Englisch vorliegt. Für die junge Theatergruppe, die bereits zwei Opern auf die Beine stellte, kein Problem, die Dialoge zu aktualisieren. Zwei Mal wöchent­lich probte die Besetzung, unter anderem sieben Musiker und elf Darsteller, die heitere Neuinsze­nierung von Oliver Schürmann.

Wie bereits auf den zahlreichen Plakaten angekündigt, drehte sich sprichwörtlich alles um das Bett: In der Mitte der Bühne stand das Vie­lumsungene, umgeben von einigen spärlichen Requisiten. Das gut aus­geklügelte Bühnenbild von Christi­na Padberg wechselte von Akt zu Akt die Farbe, wohingegen der Grundaufbau gleich blieb. So konnte mit wenigen Handgriffen die nötige Umdekoration für die Ortswechsel vorgenommen wer­den.

Mozarts italienische Oper, die von Adolf Freiherr von Knigge übersetzt wurde, fand sich haupt­sächlich in der Musik wieder, denn die Dialoge wurden deutlich über­arbeitet. Es geht um die Hochzeit des jungen Kammerdieners Figaro mit dem Dienstmädchen Susanna.

Doch bis es soweit kommt, daß die beiden sich das Jawort geben können, muß sich Susanna ihrer übrigen Verehrer entledigen. Be­sonders der Graf Gregor von Greuel ist hinter dem hübschen Mädchen her und vernachlässigt seine Frau sträflich. Cherubino, der Patensohn des Grafen, würde am liebsten alle Frauen mit in besagtes Bett neh­men, weshalb er in die Bundes­wehrkaserne nach Coesfeld ver­bannt werden soll. Basilio, Graf Gregors persönlicher Sekretär, mit rosa Hemd und pink betucht, inte­ressiert sich wiederum für Cheru­bino. Dieser findet sich allerdings Mitte des ersten Aktes mit dem Grafen von Greuel im Bett wieder. Figaro, der aus Eifersucht den Gra­fen schädigen möchte, meldet den Dienstmädchenskandal einem Re­porter von der Bildzeitung und so nehmen die Intrigen ihren Lauf.

Bereits im ersten Akt beeindruc­ken die jungen Amateurdarsteller durch ihre Gesangseinlagen, be­gleitet von dem Orchester. Viel Applaus ernteten die beiden Frau­en, das Dienstmädchen Susanna und die Gräfin, gespielt von Britta Steffens und Tanja Beyersdorf. Mit ihren hervorragenden Singstim­men wissen sie sowohl ihre Soli als auch das Duett zu präsentieren. Die beiden Frauen verbünden sich im zweiten Akt, um des Grafen einge­schlafene Liebe zu seiner Frau zu wecken und damit er Susanna in Ruhe läßt.

Natürlich durchkreuzen auch hier wieder die Männer den intelli­genten Plan der Frauen. Bis schließlich Figaro unter wohl­wollenden Blicken seiner wiedergefundenen Eltern die Liebe seines Lebens heiratet und der Graf an der Seite seiner Frau steht, muß erst noch Cherubino aus dem Fenster springen und sich der Dirigent vor dem Grafen retten, der ihn erschie­ßen will. Und dann sind da noch ein paar Handschellen, die den Grafen in eine peinliche Lage bringen…

Ohne den Zeigefinger mahnend zu erheben, weiß die Theatergrup­pe die Moral des Stückes lebhaft und witzig zu vermitteln, und so wird ein zeitloses Thema gekonnt zeitgemäß. Am Freitag, 15. März, wird die junge Braut Susanna in der Aula der Geschwister-Scholl­-Realschule noch einmal nach zweieinhalb Stunden ihren Brautstrauß ins Publikum werfen.

Borbecker Nachrichten vom 14.03.1996